Auflösung Pathoquiz

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Umbilikale Endometriose

Etwa 5 % der Frauen im gebärfähigen Alter sind von Endometriose betroffen. Pathologisch-anatomisch ist Endometriose als ektopisch gelegenes Endometriumgewebe definiert, das sowohl aus endometrialen ­Drüsen wie auch nur aus Stroma bestehen kann. Die CD10-Immunhistochemie kann verwendet werden, um das Vorhandensein von endometrialem Stroma zu bestätigen oder bei geringen Mengen nachzuweisen. CD10 wird in unserem Institut insbesondere bei ­morphologisch nicht eindeutigen Fällen verwendet.

Bei der Nabelendometriose oder umbilikaler Endometriose (UE) handelt es sich um eine Form der extragenitalen Endometriose. Die UE, nach der erstmaligen Beschreibung 1886 durch Villar auch Villar-Knötchen genannt, ist pathologisch-anatomisch durch Endometriumdrüsen und/oder endometriales Stroma innerhalb der Nabelhaut definiert. Es handelt sich um eine seltene Läsion mit einer Häufigkeit von 0.4–4 % der extragenitalen Endometriose-Fälle und 0.5–1 % aller Endometriosefälle (1). Die primäre UE tritt ohne und die sekundäre UE nach abdominalen Eingriffen auf. Die sekundäre iatrogene Form wird in etwa 1/3 der Fälle beobachtet, meist in narbiger Fibrose. Aufgrund der geringen Häufigkeit der Erkrankung liegen nur wenige genaue Daten zur ­Prävalenz der primären und sekundären UE und zu den damit verbundenen Symptomen vor. Eine Endometriose an anderer Stelle (in der Vorgeschichte) wurde von 40 % der Frauen angegeben. Bei etwa 1/5 der Fälle wird auch eine Beckenendometriose diagnostiziert (2). Im Allgemeinen zeigt sich die UE als rotes, violettes oder dunkles Nabelknötchen mit einem Durchmesser von 0.5 bis 3 cm (siehe Abbildungen). Intermittierende Schmerzen im Nabelbereich sind die häufigsten Beschwerden, während zyklische Blutungen aus der Nabelgegend bei etwa 40 % der Frauen beschrieben wurden.

Für die Behandlung der Nabelendometriose wird eine radikale Operation mit breiter lokaler Exzision als primäre Behandlung vorgeschlagen (3). Die chirurgische Exzision wird zwar empfohlen, ist aber wegen der unbekannten Langzeitwirksamkeit und der Komplikationen nur schwach belegt. Die postoperative Rezidivrate der UE ist dennoch insgesamt gering. Entsprechend ist die Operation eine wirksame Behandlung. Die rein medikamentöse Behandlung wird aufgrund begrenzter Daten und fehlender Studien nur bedingt empfohlen.

Zur allgemeinen Entstehung einer Endometriose ­werden pathophysiologisch verschiedene Theorien gereicht (4, 5). Die bekannteste Theorie ist die retrograde Menstruation. Dabei gelangen Zellen der Gebärmutterschleimhaut rückwärts durch die Eileiter in die Bauchhöhle. Bei der Coelom-Metaplasie-­Theorie soll es zu metaplastischer Umwandlung von Coelom-Zellen kommen, die das Beckenperitoneum auskleiden. Die Induktionstheorie ist eine Kombination der ersten beiden Theorien.

Die Theorie der Metaplasie des Coelom-Epithels geht davon aus, dass das Peritonealmesothel unter dem Einfluss bestimmter Signalmechanismen, wahrscheinlich entzündlicher Zytokine, eine Metaplasie zu einem endometriumähnlichen Gewebe und Stroma durchläuft. Diese Theorie könnte erklären, warum bei Frauen mit Müller-Agenesie dennoch Endometriose auftritt.

Die seltene Endometriose bei Männern wird mittels Induktionstheorie der Endometriose erklärt. Hier geht man davon aus, dass embryonale Zellreste bei Männern fortbestehen und in Endometrium umgewandelt werden können. Die Müllerschen Gänge, die den größten Teil des weiblichen Urogenitaltrakts ausmachen, zerfallen bei Männern normalerweise unter dem Einfluss des Anti-Müllerschen Hormons. Die Appendix testes und der kaudal gelegene Utrikel der Prostata sind typischerweise die einzigen rudimentären Strukturen, die von den paramesonephrischen Gängen abstammen. Die Urethra der Prostata ist als Homolog der Gebärmutter und der Vagina zu sehen. Während bei der Mehrheit der Männer das Müllersche Gewebe vollständig verkümmert, können in seltenen Fällen Müllersche Zellen zwischen dem Samenleiter und dem Vas deferens persistieren. Diese Zellreste können sich in Endometriumgewebe differenzieren und bei Männern zur Entwicklung einer Endometriose führen, wahrscheinlich unter dem Einfluss einer langanhaltenden Östrogentherapie oder einer Entzündung nach Operationen.

In Fällen einer isolierten Nabelendometriose könnte die Erkrankung auch durch metaplastische Veränderungen von Urachusresten entstehen. Es werden aber auch verschiedene weitere Theorien gereicht, die die Migration von Endometriumzellen durch die Bauchhöhle, das Lymphsystem oder embryonale Überreste in der Nabelfalte (z. B. Urachus und Nabelgefäße) umfassen. Eine Entzündung des Gewebes um ein endometriotisches Beckenimplantat begünstigt die Ablösung endometriotischer Zellen, die durch die venösen Gefäße zum Nabel transportiert werden ­können (2). Wenn jedoch eine primäre UE mit einer Endometriose an anderer Stelle einhergeht, erscheint hier auch die retrograde Menstruation plausibel. Hier könnten endometriale Zellen aus dem Becken den Nabel erreichen und sich direkt in der parietalen Peritonealoberfläche einnisten, ohne notwendigerweise in Blut- oder Lymphgefäße zu gelangen. Die Peristaltik des Dickdarms in Verbindung mit den Zwerchfellatmungsbewegungen führt zu hydrostatischen Druckschwankungen, die die Peritonealflüssigkeit aus dem Becken entlang der rechten Peritonealrinne in den ­retrohepatischen und subphrenischen Bereich befördern. Das Ligamentum falciforme behindert dabei den Transit vom rechten zum linken subphrenischen Raum über die Mittellinie. Dies erklärt die höhere Prävalenz von rechtsseitigen Zwerchfell-, Leber- und Pleuraendometrioseherden (6). Das Vorhandensein einer kleinen peritonealen Konkavität schafft eine Art Nische, die die Einnistung endometrialer Zellen erleichtert. Dieser Mechanismus wird auch durch Berichte über UE bei Frauen mit Nabelbruch gestützt. Das Ausbreitungsmuster von Ovarialkarzinomen könnte hier ein ähnliches pathogenetisches Modell darstellen. Sowohl die hämatogene als auch die lymphatische Ausbreitung wurden nämlich als Erklärung von Nabelmetastasen vorgeschlagen, den sogenannten Sister-Marie-Joseph-Knötchen (7), was auch pathologisch-anatomisch in die Differenzialdiagnose der UE und histopathologisch ausgeschlossen gehört.

Das Risiko, aufgrund einer Endometriose an Ovarialkarzinomen zu erkranken, ist im Allgemeinen gering. Die Gesamtinzidenz der malignen Transformation wird auf 0.3–0.8 % geschätzt. 75 % der Karzinome in Assoziation mit Endometriose entstehen in den Ovarien (8). Die Endometriose kann mit klarzelligen und endometrioiden Karzinomen assoziiert sein und zeigt ähnliche molekulare Veränderungen. Diese umfassen bei Patientinnen ohne Krebs onkogene Mutationen in den ARID1A-, PIK3CA-, KRAS- und PPP2R1A-Genen, was in einigen Fällen auf ihre neoplastische Natur schließen lässt (9). Studien deuten darauf hin, dass ARID1A-Mutationen, einem Tumorsuppressor-Gen, in einem frühen Stadium der Krebsentstehung bei Endometriose auftreten. Mutationen des ARID1A-Gens wurden bei bis zu 57 % der ovariellen endometrioiden Karzinome und bei bis zu 30 % der klarzelligen Karzinome gefunden. Endometriose und synchrone Karzinome weisen ähnliche genetische Veränderungen auf.

Die sogenannte atypische Endometriose wurde gemäss Literatur bei 1.7–4.4 % der endometriotischen Läsionen festgestellt. Diese gilt als Vorläuferläsion für endometriose-assoziierte Karzinome. Diese atypische Endometriose ist durch zytologische Atypien in der Epithelauskleidung der Drüsen oder eine Drüsenverdichtung definiert, die der atypischen Hyperplasie des Endometriums entspricht (10).

Auf den histopathologischen Abbildungen im Pathoquiz sieht man Endometrioseherde in der Dermis der Nabelhaut und einen Defekt in der Epidermis, was der klinischen Blutungsstelle entsprechen dürfte. Die CD10-Immunhistochemie zeigt eine bräunliche Immunreaktion in den Stromazellen der Endometrioseherde. Der epitheliale Anteil wird als Kontrast nicht angefärbt.

Literatur
1 Victory, R et al., J. Minim. Invasive Gynecol. 2007; 14:23–32
2 Calagna, G et al., Taiwan J. Obstet. Gynecol. 2015; 54:306–12
3 Hirata, T et al., J. Obstet. Gynaecol. Res. 2020; 46:2474–87
4 Vercellini P et al., 2014; 10:261–75
5 Olive D et al., N Engl J Med. 1993; 328:1759–69
6 Dridi D et al., J Clin Med. 2022; 11:995
7 Dubreuil, A et al., Int. J. Dermatol. 1998; 37:7–13
8 Wei JJ et al., Int J Gynecol Pathol. 2011; 30:553–68
9 Anglesio MS et al., N Engl J Med. 2017; 376:1835–48
10 Fukunaga et al. Histopathology. 1997; 30:249–55

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